Wenn ich eine Sitzung oder einen Anlass eröffne, starte ich, noch ohne Begrüssung, mit einer persönlichen kleinen Geschichte. Ich greife ein Gespräch auf, das ich noch vor ein paar Minuten mit jemandem geführt habe, der oder die jetzt hier ist. Oder ich beschreibe eine ähnliche Situation aus der Vergangenheit, in Erinnerungen an die Emotionen, Verwirrungen und Hoffnungen. Oder ich beschreibe die Hoffnung des Auftraggebers und erzähle, was mich daran berührt und weshalb ich nun hier stehe. Oder ich spreche aus der Sicht des Gebäudes, der Natur, der Wege, der Tiere, der Angestellten, was die wohl denken, wenn jetzt all diese Menschen zusammenkommen.
Damit mache ich mich spür- und erfahrbar als Mensch mit Kopf, Herz und Hand.
In einem zweiten Schritt versuche ich, alle Menschen im Raum in irgendeiner Form abzuholen. So, dass sich jede Person im Raum mindestens einmal direkt angesprochen, berührt und gesehen fühlt. Wenn ich die Menschen kenne, gelingt das leichter. Wenn ich sie nicht kenne, greife ich dafür oft zurück auf den Weg, welche die Menschen zurückgelegt haben, um hierher zu kommen, z.B. so:
”Vor 4 Wochen kam ein Mail mit der Einladung zu diesem Tag. Vielleicht hast du dich gefreut, vielleicht hast du aber auch auf den Stapel Arbeit geschaut und innerlich geflucht. Wahrscheinlich hast du heute den Wecker besonders früh stellen müssen, bist in den Zug oder das Auto gestiegen und hierher gereist. Oder vielleicht wohnst du nahe und konntest schon fast ausschlafen, bist zu Fuss oder mit dem Velo hier angereist. Auf dem Weg hierhin schaust du andere Menschen an und überlegst dir, ob sie wohl auch an diesen Anlass fahren, vielleicht hoffst du, dass sie es nicht tun. Du siehst den Stuhlkreis, eine leichte Verkrampfung macht sich breit, du sitzt nun hier, schaust mich an, hörst zu, schaust auch peripher und hoffst, dass es ein starkes Meeting wird.”
Ich beschreibe mögliche Wege chronologisch hin zu dem Moment in dem wir gerade sind.
Jetzt begrüsse ich offiziell. “Dieser Anlass steht unter dem Zeichen der z.B. der Veränderung, was sich jeder irgendwie wünscht und kaum jemand sagen könnte, wie man das macht. Unser Auftraggeber ist ergebnisoffen und bestärkt uns, ehrlich zu arbeiten.” Hier benenne ich aber auch, was wir nicht tun, z.B. über Löhne sprechen oder über Nicht-Anwesende.
In diesem dritten Element “lege ich den Boden” für unterschiedlichste Perspektiven und Motive, mit welchen die Menschen hier sind. Damit mache ich den Raum gross für die verschiedenen Meinungen und bestärke das Vertrauen der Menschen, ehrlich und offen sein zu dürfen.
Das ist besonders dann wichtig, wenn die Teilnehmenden nicht freiwillig da sind. Ich spreche dann z.B. an, dass sie vielleicht dazu verdonnert wurden, teilzunehmen und gar keine Lust haben, hier zu sein.
Das erlaubt es den Menschen, sich einzulassen und später nicht beweisen zu müssen, dass dieser Anlass ein Blödsinn ist und bloss verschwendete Zeit. Zudem signalisiert es meine Allparteilichkeit.
In einem nächsten Schritt gebe ich einen konkreten Ausblick auf das Programm mit Zeitangaben zu den wichtigsten Programmpunkten. Auch benenne ich die Intensität, z.B. “eine dichte Arbeitssequenz” oder eine halbe Stunde zum “Luft holen” und “nix-tun”.
Danach beschreibe ich das Wesen des Programms. Ich beschreibe den Charakter des Anlasses, also beispielsweise:
“Es geht heute darum, verschiedene Perspektiven auf das Problem zu hören, voneinander zu lernen und allenfalls erste Lösungsideen zu skizzieren. Es wird also im Wesentlichen eine Forschungsreise sein, die von uns Offenheit, Neugier und gutes Zuhören erfordert. Dabei kann es passieren, dass wir unsere eigenen Positionen hinterfragen und ergänzen müssen. Das mag unangenehm sein. In dieser Phase ist es besonders wichtig, dass wir Unsicherheiten benennen, aushalten und uns gegenseitig vertrauen.”
→ Bei diesem Schritt ist das Diamantmodell hilfreich (Link folgt).
Schliesslich spreche ich Wünsche aus, die ich selber an das Treffen habe. Hier erwähne ich die Mitte, also das Feuer, welches für uns brennt. Mit meinen Wünschen kann ich eine Kultur induzieren, die sich überträgt.
Z.B.: “Ich wünsche mir, dass es ein lebendiger und bunter Tag wird, dass wir uns gegenseitig ernst nehmen und gleichzeitig Platz bleibt für Humor. Dass wir ungestraft ehrlich sein dürfen und die Grösse haben, Veränderung willkommen zu heissen und zuzulassen. Und dass wir heute Abend zufrieden nach Hause gehen und gut über den Anlass sprechen können.”
Als Schlusspunkt heisse ich nochmals alle herzlich – hier und jetzt – willkommen und lade sie zum Mitwirken ein.
Z.B.: “Ich freue mich, dass du hier bist. Herzlich Willkommen! Schau dich um, es hat begonnen und wir machen gleich weiter mit….”
Erfahrungsgemäss nehmen wir uns zu Beginn zu wenig Zeit, den Raum für die Teilnehmenden zu öffnen und den Boden zu ebnen für ein effektives und effizientes Meeting. Der Opener hat aber – sofern gut gemacht – sehr viel Kraft. Daher erlaube ich mir, ihm angemessen Zeit einzuräumen.
Bei einem kurzen Meeting mit einer Gruppe, die sich regelmässig trifft, reichen möglicherweise 3 Sätze. Bei einem ganztägigen Meeting mit einer Gruppe, die neu zusammenkommt, nehme ich mir für den Opener bis zu 10 Minuten. Die Essenz ist framen-framen-framen, Heimat gestalten, konstruieren, involvieren und aktivieren.