Erfolgsfaktoren für Partizipation und Bürgerbeteiligung

Was ist Partizipation bzw. Bürger:innenbeteiligung?

Mit Bürger:innenbeteiligung meinen wir den Prozess, indem Einwohner:innen (einer politischen Einheit wie Gemeinde, Stadt, Kanton, Nation), ihr Wissen und ihre Anliegen zu einem politisch relevanten Thema einbringen können. Der Begriff wird synonym verwendet mit Partizipation.

Partizipation ist allerdings der allgemeinere Begriff. Ihn verwenden wir auch in Organisationen, wenn es beispielsweise darum geht, die Mitarbeitenden einer Organisation in Entscheidungsprozesse einzubinden.

Sowohl in Gemeinden als auch in Organisationen kommen unterschiedliche Stufen der Beteiligung bzw. Partizipation zur Anwendung. Diese schauen wir uns etwas genauer an.

Stufen der Partizipation

Das Modell der 5 Stufen der Partizipation hilft uns, in der Klärungsphase die Bedeutung des grossen und oft mit sehr unterschiedlichen Erwartungen verbundenen Begriffs der Partizipation zu klären.

Quelle:
Dieses Modell haben wir adaptiert, basierend auf der Leiter der Partizipation nach Sherry Arnstein.

Stufe 1 - Information
"Wir teilen es euch mit."

Informationen über ein Thema oder einen Prozess bilden die Grundlage, um partizipieren zu können, sind jedoch noch keine Partizipation.
Stufe 2 - Anhören, befragen
„Wir hören eure Anliegen und Meinungen an, bevor wir entscheiden.“

Diese Stufe ist unseren Augen auch noch eine Vorstufe von Partizipation, denn in aller Regel findet hier noch kein Dialog statt.
Stufe 3 - Mitbestimmen
„Ihr entwickelt wichtige Aspekte bzw. Lösungen/Ideen mit, entscheidet jedoch nicht alleine.“

Auf dieser Stufe werden bereits Themen, Projektideen, Visionen und ähnliches von den Teilnehmenden (mit)entwickelt. Sie entscheiden aber nicht abschliessend.
Stufe 4 - Entscheiden
„Ihr entscheidet über wichtige Aspekte bzw. welche Lösungen / Ideen umgesetzt werden.“

Zur Stufe 3 kommt hier noch die Entscheidungsmacht hinzu.
Stufe 5 - Selbstorganisation
„Ihr definiert das Anliegen bzw. Thema, entwickelt Lösungen und verantwortet die Umsetzung.“

Hier erfolgt bereits die Wahl oder Setzung des Themas durch die Gruppe. Diese Stufe geht über die Partizipation hinaus.

Was bringt Partizipation bzw. Bürger:innenbeteiligung?

Partizipation ist nicht gratis. Sie braucht Aufmerksamkeit, Zeit und Ressourcen. Und gut gemachte Beteiligungsprozesse bringen vielfältigen Nutzen:

  • ­das Wissen der Menschen vor Ort in die Lösungsfindung einfliessen lassen → Diversität
  • ­mögliche Hindernisse früh erkennen und ausräumen → keine Leerläufe
  • ­nachvollziehbar entscheiden und Akzeptanz gewinnen → Ehrlichkeit
  • ­Zeit und Kosten sparen für die Umsetzung von Vorhaben → Umwegrentabilität
  • Vertrauen der Einwohner:innen in Politik und Verwaltung (in Organisationen: die Geschäftsleitung) stärken → Stärke stärken
  • ­gemeinsam mit der Bevölkerung (bzw. den Mitarbeitenden) die Weichen für Zukunftsfragen stellen → Identifikation und Kollaboration
  • ­Horizont erweitern, Verständnis für komplexe Herausforderungen und andere Standpunkte entwickeln → ganzheitliches Verstehen 
  • ­auch nicht stimmberechtigte Menschen einbinden (z.B. Kinder, Jugendliche, Migrant:innen) → zukunftsfähige Gemeinschaft 
  • Identifikation mit der Gemeinde (bzw. der Organisation) und Gemeinschaft stärken, Integration fördern → Gemeinsinn
  • Verständnis für (politische) Entscheidungsprozesse fördern → Demokratie erfahren
  • Lust an (politischer) Mitwirkung wecken → Mitgestaltung 

Partizipation ist viel mehr als ein Event

Oft nimmt man von Beteiligungs- bzw. Partizipationsprozessen nur die grossen Veranstaltungen wahr. Tatsächlich ist Beteiligung jedoch ein Prozess (Weg).

Wir unterscheiden folgende Schritte:

In dieser Phase klären wir: 

  • … worum es geht: Wozu laden wir die Menschen ein?
  • … wer den Prozess trägt: Wer ist Auftraggeber:in?
  • … was der Rahmen ist: Was ist vorgegeben und nicht verhandelbar?
  • … wer die Anspruchsgruppen bzw. die Zielgruppen sind
  • … wann und wie die Anspruchsgruppen einbezogen werden
  • … wie die Ergebnisse gesichert werden sollen
  • … was mit den Ergebnissen passieren wird

→ Je nach Ausgangslage binden wir bereits in dieser Phase Vertreter:innen verschiedener Stakeholder mit ein (vgl. Case Oberegg).

In dieser Phase führen wir die Beteiligungsanlässe durch:

  • Die Einladungen werden verschickt.
  • Die Menschen kommen zusammen, um gemeinsam Wissen zum Thema zu generieren und Lösungsvorschläge zu erarbeiten.
  • Die Ergebnisse werden verdichtet und für allfällige Entscheidungs-träger:innen aufbereitet.
  • Allenfalls ist eine Priorisierung der Ergebnisse nötig.
  • Die Ergebnisse gehen – falls nötig – an die Entscheidungsträger:innen. In Gemeinden sind das meist die politischen Behörden wie die Gemeinde-Executive und teilweise auch das Stimmvolk. In Organisationen ist das oft die Geschäftsleitung oder eine Projektgruppe. In manchen Prozessen erarbeiten die Menschen in Schritt 2 Lösungen, für die sie gleich selber Verantwortung übernehmen und diese umsetzen. In anderen Prozessen endet der Auftrag der Menschen bei der Ausarbeitung von Empfehlungen.
  • Die Entscheidungen gehen in die Umsetzung.
  • Im Sinne der Transparenz macht es Sinn, nach einer gewissen Zeit, die Teilnehmenden über die Umsetzungsentscheide und bereits umgesetzte Massnahmen zu informieren bzw. zu begründen, warum gewisse Empfehlungen nicht umgesetzt wurden.

Nach Abschluss des Prozesses ist es wertvoll, den Prozess und die Ergebnisse zu evaluieren, Learnings abzuleiten und Erfolge zu feiern.

Macht Partizipation Sinn?

Partizipation macht insbesondere Sinn, wenn es um eine komplexe und aktuelle Herausforderung geht, deren Lösung von weiten Teilen der Bevölkerung bzw. der Anspruchsgruppen mitgetragen werden muss oder mit vielen Interessenkonflikten behaftet ist.

Und Partizipation eignet sich, wenn die Beteiligung zu weiseren Entscheidungen führt, weil mehr Wissen und Erfahrungen in die Lösungsfindung einfliessen.

Wir «schwören» auf 3 Erfolgsfaktoren für gute Partizipationsprozesse

  • Die Initiant:innen sind offen und sogar neugierig auf das Ergebnis. Sprich: Es liegt nicht bereits eine Lösung in der Schublade, die man sich bestätigen lassen will. Die Teilnehmenden haben echten Gestaltungsspielraum und sie haben ausreichend Zeit für die Beteiligung.
  • Die Rahmenbedingungen für den Beteiligungsprozess sind klar und transparent. Die Initiant:innen legen offen, was im Prozess verhandelbar ist und wo die Grenzen sind. Sie informieren darüber, wer schlussendlich die Entscheidungen trifft.
  • Die Initiant:innen sagen verlässlich zu, dass sie die Ergebnisse des Prozesses berücksichtigen für ihre Entscheidungen. Falls sie Empfehlungen oder Vorschläge nicht berücksichtigen, begründen sie das transparent und nachvollziehbar.

Welche Expertise haben wir in Partizipation und Bürgerbeteiligung?

Wir haben in den letzten 12 Jahren in  Gemeinden und Organisationen rund 100 Beteiligungsprozesse beraten und begleitet.

Wir arbeiten v.a. mit folgenden Grossgruppenmethoden: Zukunftskonferenz, World Café, Open Space Technology, Real Time Strategic Chance, Collective Story Harvesting, Designing for wiser Action, Dynamic Facilitation und Appreciative Inquiry.
-> Mehr zu unserem Prozessverständnis und Referenzen findest du hier!

Wünschst du dir mehr Partizipation?

Ortest du einen Nutzen für dein Team, deine Organisation, deine Gemeinde?

Quellen und Weiterführendes:

  • Handbuch Bürgerbeteiligung des Landes Vorarlberg
  • partizipation.at
  • Stufen der Partizipation nach Arnstein und Troja

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